Freie Presse, 08/02/2011
Lkw-Verkehr auf der B 101 ist zurückgegangen
Sachsens Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) hält am Bau der Freiberger Ortsumgehung fest; eine monatelange Sperrung gen Autobahn habe die Zahlen gedrückt.

VON STEFFEN JANKOWSKI FREIBERG - Auf der B 101 zwischen Freiberg und Brand-Erbisdorf brummen nicht mehr so viele Brummis. Das geht aus den Daten der automatischen Zählstelle 51454215 hervor, die das Dresdner Verkehrsministerium herausgegeben hat. In den ersten drei Quartalen 2010 (neuere Daten liegen noch nicht vor) wurden im Durchschnitt 868 Lkw pro Tag erfasst. Im Jahr zuvor waren es zur gleichen Zeit noch 912 Brummis am Tag gewesen, von Januar bis September 2008 waren täglich sogar 1010 Fahrzeuge mit über 3,5 Tonnen Gewicht gezählt worden.

 "Die Ortsumgehung Freiberg muss kommen."

Sven Morlok Verkehrsminister

Auch der Gesamtverkehr auf der B 101 ist geschrumpft. Er pegelt sich für 2010 bei 15029 Kraftfahrzeugen ein, die täglich von Freiberg gen Brand-Erbisdorf und in der Gegenrichtung unterwegs waren. Das sind im Schnitt 1158 Kraftfahrzeuge weniger am Tag als im Jahr zuvor. Auch 2008 war der Verkehr dichter - die Zählung ergab damals einen Mittelwert von 15640 Kfz pro Tag. "Der Rückgang der Verkehrszahlen in 2010 liegt unter zehn Prozent", kommentiert Ministeriumssprecherin Isabel Siebert. Schwankungen dieser Größenordnung seien nicht zur Ableitung einer Tendenz der Verkehrsentwicklung geeignet:"An der dringenden Erforderlichkeit der Ortsumgehung Freiberg ändert sich dadurch nichts." Die Ministeriumssprecherin führt die Entlastung im Wesentlichen auf Verkehrsverlagerungen infolge der Baumaßnahmen auf der B 101 nördlich von Freiberg zurück. Vom 1. Juli bis zum 23. September- war zwischen Großschirma und dem Autobahnanschluss Siebenlehn die Fahrbahn erneuert worden. Verbunden damit war die Vollsperrung einzelner Abschnitte, die Umleitungen erfolgten weiträumig. "Die Ortsumgehung Freiberg ist eine wichtige Entlastung für die Anwohner wie auch für den innerstädtischen Verkehr. Die Bürger von Freiberg haben ein Recht' darauf, vor Lärm und Abgasen geschützt zu werden. Wir halten an unseren Plänen fest, die Ortsumgehung Freiberg muss kommen", erklärt Sachsens Verkehrsminister Sven Morlok (FDP). Seine Sprecherin betont zudem, dass die Dauerzählstelle nur den Verkehr zwischen Freiberg und dem östlichen Erzgebirge erfasse. Der Verkehr aus den großen und wachsenden Gewerbegebieten werde nicht abgebildet. Insbesondere sei das Gewerbegebiet Süd zu berücksichtigen, wo Firmen wie die Deutsche Solar, Siltronic oder auch FCM eine große Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Freiberg und die Region hätten, so Siebert. Das bekräftigt Mario Behrendt, . der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Solar AG. Sein Unternehmen hat im Gewerbegebiet Freiberg-Ost an der B 173 eine nagelneue Waferfabrik gebaut. "Sobald die Produktion auf vollen Touren läuft, werden gut 350 Lkw von uns pro Tag durch Freiberg rollen." Ende 2010 habe die Tageszahl noch bei 150 Lkw gelegen, drängt auch Behrendt auf den Bau der Ortsumgehung.

Über Zahlen

Nach dem Lesen dieses Artikels fragt man sich, was der Verfasser eigentlich damit bezweckte. Offensichtlich wird ja nur eine Argumentation wieder aufgenommen, die der Naturschutzverband Sachsen(Nasa) bereits in seiner ersten Entgegnung auf unsere Kritik an seinen Äußerungen zur Umgehung bemühte. Natürlich kann man einwenden, dass die Angaben nun auf weitere Jahre ausgedehnt worden seien und so den vermeintlichen Trend noch erhärten. Das wiederum stellte freilich dem Autor nachgerade ein Armutszeugnis aus. Wegen der Ursache für die festgestellte Abnahme hätte man nicht das Staatsministerium für Wirtschaft bemühen müssen. Auch dann, wenn man nicht selbst Auto fährt, waren die Auswirkungen der leidigen Umleitung der Freien Presse durchaus bekannt. Immerhin sind auch einige Artikel zu diesem Thema erschienen. Im Besonderen erklärt sich so auch die Reduzierung des Pkw-Verkehrs: Wer einmal aus dem Gebirge kommend diese Umleitung benutzt hatte, ist sicher beim nächsten Mal in Richtung Michaelis abgebogen und dann über Frankenberg zur Autobahn gefahren. Natürlich gab es überdies eine Wirtschafts- und Finanzkrise, die sich logischerweise ebenfalls auf die Anzahl der Transport mit Lkw auswirkte. Auf die ohnehin begrenzte Aussagekraft der Dauerzählstelle 51454215 für das tatsächliche Gesamtaufkommen an Lkw-Transporten in Freiberg hatten wir bereits in unserer Erwiderung auf die eingangs erwähnte Entgegnung durch den Nasa hingewiesen. Es erstaunt kaum noch, dass unsere damalige Erklärung überhaupt nicht zur Kenntnis genommen worden ist, denn nunmehr setzt man sogar schon die inhaltsgleiche Darstellung des Staatsministeriums in den Konjunktiv, der hier zur Wiedergabe der indirekten Rede überflüssig ist und Zweifel am Gesagten ausdrücken soll. Es gibt da aber nichts zu bezweifeln - es werden lediglich vollkommen unstrittige Fakten aufgeführt. Letztlich ist also nur ein Zweck des Artikels erkennbar - die Notwendigkeit der Ortsumgehung soll in Frage gestellt werden. Die immerhin 20% der Fläche beanspruchende Balkenüberschrift unterstreicht das. Bestimmt melden sich nun auch - wie beabsichtigt - Leserbriefschreiber, die diese "Anregung" willfährig aufgreifen.. Freilich war es trotzdem alles in allem ein untauglicher Versuch. Die übergroße Mehrheit der Freiberger Bürger hat die unverständliche einseitige Parteinahme gegen die Umgehungsstraße durch "unsere Heimatzeitung" längst erkannt. Heute, am 10.02.11, gegen 18 Uhr hatte das Aktionsbündnis "Pro Ortsumgehung Freiberg" bereits 2110 Unterstützer und diese Zahl markiert mit großer Wahrscheinlichkeit bestimmt nicht den Endpunkt.
Ergänzung am 23.03.2011: Nun hat die Anzahl der Unterstützer die Marke 3000 überschritten!

Freie Presse, 12/02/2011

"Die Weitsicht fehlt"

Endlich gibt es Zahlen. Was der aufmerksame Zeitungsleser schon lange ahnte, sieht er jetzt schwarz auf weiß: der Straßenverkehr auf der B 101 ist rückläufig. Dies als eine krisenbedingte Schwankung zu betrachten, zeugt von wenig Weisheit und Weitsicht der Politiker. Erst En- de Januar war in der "Freien Presse" eine recht ernüchternde Prognose für Mittelsachsen zu lesen. Allein in Freiberg soll nach dieser die Ein- wohnerzahl von 2010 bis 2025 um 5000 sinken. Um diesen negativen Trend entgegen zu wirken, gäbe es mit dem (angeblich) noch vorhandenen Geld Wichtigeres zu tun als eine überaus teure Umgehungsstraße zu bauen, welche sich vermutlich bereits vor ihrer Fertigstellung als überflüssig erweisen würde. Auch die von unserer Stadtverwaltung beschworene Auffassung, dass die wirtschaftliche Entwicklung Freibergs ausgerechnet von einer Straße abhängen soll, die den Verkehr in der Innenstadt um etwa ein Viertel reduzieren könnte, erscheint mir mehr als zweifelhaft. Vorausgesetzt wird dabei noch, dass wirklich alle Kraftfahrer die damit verbundenen teils langen Umwege in Kauf nehmen.Es bestehen wesentlich bessere Möglichkeiten, die Bürger in der Innenstadt zu entlasten, ohne dabei einen Teil des Lärmes und der Abgase an den Stadtrand zu verlegen und die Gesamtbelastung durch verlängerte Verkehrswege noch zu erhöhen. Möglich wären einige Kreisverkehre und Fußgängertunnel sowie eine finanzielle Unterstützung von umzugswilligen Bürgern, die trotz des bereits abnehmenden Verkehrs ihre jetzige Wohnung, direkt an einer Bundesstraße verlassen und sich eine ruhigere Unterkunft suchen wollen. Weiterhin könnte dann die Einrichtung von Geschäfts- und Gewerberäumen in solchen noch relativ verkehrsreichen Lagen gefördert werden. Bereits mit einem Viertel der Kosten, welche für die Umgehungsstraße veranschlagt werden, könnte da wahrscheinlich vieles bewegt werden. Spätere Wartungskosten wären im Vergleich zur Unterhaltung einer 13 Kilometer langen Straße mit 24 Brückenbauwerken unerheblich. Auch die Vorstellung, dass eine wirtschaftliche Weiterentwicklung nur mit steigenden Lkw- Verkehr möglich ist, ist irrelevant. Global gesehen wäre es eine Katastrophe, wenn alle Staaten ein ähnlich dichtes Straßennetz wie wir anstreben würden. Außerdem ist damit zu rechnen, dass steigende Energie- und Rohstoffpreise überall bald die Menschen zwingen werden, neue Wege zu gehen. Dazu gehören Verkehrsvermeidung, Verlagerung möglichst vieler Transporte von der Straße auf die Schiene (die Deutsche Solar AG könnte damit sogar den Absatz von umweltfreundlich erzeugten Strom fördern) sowie die Entwicklung kleinerer und leichterer Maschinen und Produkte, welche in Leistungsfähigkeit und Gebrauchswert den heutigen nicht nachstehen. Freiberg hat als Wirtschafts-, Wissenschafts-und Universitätsstadt hervorragende Möglichkeiten, solche Entwicklungen lokal und global voran zu bringen. Das geht besser ohne Umgehungsstraße.

Christian Zänker, Freiberg

Die Stunde der Komiker

Bildlich gesprochen war kaum die Tinte unter unserer obigen Kritik trocken, als sich die Vorhersage bewahrheitete und der links stehende Leserbrief erschien. Freilich konnte man nicht erwarten, dass gleich so starker "Tobak" präsentiert wird. Es fällt wirklich schwer, diese absonderlichen Feststellungen und Argumentationsketten überhaupt sachlich zu bewerten. Auch nach mehrfachem Lesen wirkt das eher wie eine Art hintersinniger Persiflage, an der nur auszusetzen ist, dass sie die meisten Leser kaum als komisch gemeint ansehen werden. Der unstrittige Höhepunkt der Vorschläge Herrn Zänkers ist "eine finanzielle Unterstützung von umzugswilligen Bürgern, die trotz des bereits abnehmenden Verkehrs ihre jetzige Wohnung, direkt an einer Bundesstraße verlassen und sich eine ruhigere Unterkunft suchen wollen." Nun ja, schwarzer Humor sollte es doch eher nicht sein, denn der Schreiber hat geflissentlich übersehen, dass es noch eine Reihe weiterer Straßen gibt, deren Anwohner unter dem Fehlen der Umgehungsstraße leiden. Da sind zum Beispiel Donatsring, Meißner Ring, Karl-Kegel-Straße, Käthe-Kollwitz-Straße, Schönlebestraße, Berthelsdorfer Straße, Frauensteiner Straße, Dammstraße und Albert-Funk-Straße zu nennen. Die "Zänkersche Auflockerung" führte zu einem ganz neuen Stadtumbau - Freiberg müsste sich offenbar in die Fläche ausdehnen anstatt wie andere Städte zu schrumpfen. Die Kosten des Ganzen wären nachgerade astronomisch. Der Erfinder meint jedoch, dass bereits mit reichlich 15 Millionen Euro "viel bewegt werden könne". Es mag angehen, solchen Unsinn mit Augenzwinkern in der Faschingsbütt zu verkünden - in einer Zeitung ist er fehl am Platze. Noch dazu, wenn es sich um die Einzige in einer Universitätsstadt handelt. Ein unvoreingenommener Leser von außerhalb wird Mühe haben, nicht schallend zu lachen. Es ist wirklich traurig, dass so leichtfertig ein derart beschämendes Bild der Einwohner Freibergs entworfen wird. Offenbar sind die dafür Verantwortlichen nicht willens oder einfach nicht imstande, ihre eigene große Bedeutung für das Marketing unserer Stadt zu verinnerlichen. Statt dessen macht man uns lieber zur Lachnummer: "Freiberg hat als Wirtschafts-, Wissenschafts-und Universitätsstadt hervorragende Möglichkeiten, solche Entwicklungen lokal und global voran zu bringen. Das geht besser ohne Umgehungsstraße.". Nun denn! Da wollen wir mal überholen ohne einzuholen.

Zurück zur Startseite